Endlich kommt nun die Diskussion zu New Pay in Gang. Wie kann es sein, dass wir seit Jahren über New Work reden, es aber nie um das Tabuthema Gehalt geht?

Aber nun scheint es soweit zu sein: Plötzlich schießen Podcasts zu diesem Thema, erste Konferenzen und neue Veröffentlichungen aus dem Boden.

Ebenso kam gerade das Buch „New Pay“ von Sven Franke, Stefanie Hornung und Nadine Nobile auf den Markt. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mir viele Infos zu dem Bereich zu beschaffen, mit Sven über das Buch zu sprechen und meine Gedanken einmal auf zu schreiben.

 

New Pay und Räume

Für die, die noch nicht so viel von mir gelesen haben: Ihr müsst wissen, dass das Thema Räume mein absolutes Herzensthema ist. Daher war es klar, dass ich Sven danach fragen musste, wie er den Zusammenhang zwischen New Pay und Räumen sieht. Seine Antwort hat mich nicht überrascht, aber ich finde sie sehr sehr treffend: „Man muss heute das Gesamte sehen, wir können Themen nicht mehr getrennt denken.“

Sven Franke sieht New Pay von der Kulturseite aus. Es ist ihm wichtig, von hier aus zu diskutieren und später ein Gehaltsmodell daraus zu entwickeln. Eine ähnliche Vorgehensweise, wie ich sie präferiere. Ich schaue mir auch für Räumeprojekte zunächst Strategie und Kultur an, bevor ich in weitere Planungen gehe.

Es scheint immer wichtiger und klarer zu werden, dass alle Dinge verbunden sind – ohne esoterisch klingen zu wollen. So zieht sich auch das Thema Agilität durch alle Bereiche, die ich gerade anfasse oder anlese. Und das gilt sowohl für Räume wie auch für New Pay.

Um noch einmal näher auf das Thema Räume und New Pay einzugehen: Es ist heute wirklich wichtig, dass die Personalmenschen, die in den meisten Fällen ja für die Gehaltsthemen zuständig sind, nicht mehr im „stillen Kämmerlein“ sitzen. Sie müssen selbst eingebunden werden und jeden einbinden, um über New Pay zu diskutieren. Viel reden scheint mir erst einmal die Grundvoraussetzung für ein „innovatives Gehaltsmodell“ zu sein.

 

Worauf kann ein New Pay-Gehaltsmodell überhaupt basieren?

Ist ein „innovatives Gehaltsmodell“ überhaupt der richtige Ausdruck für das, was wir alle suchen? Geht es nicht eher um: Gerecht sein? Wie kann man all den Dimensionen Rechnung tragen, die wir da draußen vorfinden? Wie kann man auf Lebensphasen, Ausbildung, Alter, Fähigkeiten und Verantwortung wirklich adäquat eingehen? Kann man das überhaupt? Darauf werden wir Antworten finden müssen.

Ich habe aus meiner Erfahrung heraus das Gefühl, dass immer mehr Menschen sich fragen, warum sie arbeiten. Der Sinnfaktor spielt damit immer mehr eine Rolle bei dem was wir tun. Das war durchaus schon fast immer so – zumindest in der Liga der über 50-Jährigen, die plötzlich keine Lust mehr auf Konzerne oder Hierarchien hatten und Berater wurden. Jetzt aber erstreckt sich dieses Thema auch in die neuen Generationen, die in die Unternehmen drängen. Es zeigt sich, dass ein neues Wertesystem Einzug hält und auch dem muss man Rechnung tragen.

Interessant finde ich, dass nicht einmal Professor Fritjhof Bergmann, der Begründer von New Work, bisher wirklich auf das Thema eingegangen ist. Er sagte sinngemäß, dass man das tun soll, was man wirklich wirklich will. Dies beinhaltet natürlich Aspekte wie Kollaboration, wie Ermächtigung, wie positives Menschenbild und Partizipation. Aber Entlohnungsmodelle oder was Arbeit wert ist oder welche Ausbildung wann was wert ist, wird auch von ihm nicht angetastet. Dieses Thema treibt mich um.

 

Was zahlt denn heute sinnvollerweise in Gehalt ein?

Ich frage mich, ist mein Studium aus dem letzten Jahrhundert wirklich heute noch wertvoll? Oder war es vielleicht nur eine gute Basis für das, was ich heute tue? Hat mein MBA Programm in den USA mich vielleicht eher persönlich aber nicht wirklich fachlich auf die Arbeitswelt vorbereitet? Und ganz konkret frage ich mich, ob nicht der Workshop, der mich an einem der letzten Wochenenden zum Scrum Master gemacht hat, für ein Unternehmen heute viel wichtiger ist, als das ganze Studium in den Neunzigern. Interessante Fragestellung, oder?

Man kann meiner Meinung nach auf keinen Fall die Vergütungsmodelle von verschiedenen Firmen über einen Kamm scheren. Man muss sich fragen, welches Vergütungsmodell zu welcher Firma passt, zu den Mitarbeitern, zu den Rahmenbedingungen und zu dem Wandel, beziehungsweise der Transformation – mit ihrer Geschwindigkeit, ihren Hürden – wie sie gerade im Unternehmen stattfindet.

Wenn man über New Pay spricht, geht es um grundsätzliche Fragen: Wofür wollen Unternehmen Mitarbeiter überhaupt bezahlen und wofür wollen Mitarbeiter bezahlt werden? Ist die Grundlage Leistung, Anwesenheit, Zielerreichung, Verantwortung, Kreativität, Berufserfahrung oder vielleicht ganz was Neues? Spannend zu überlegen, wie man sich selbst in dieses System einordnen würde.

Die Frage ist auch, mit WAS wird man belohnt oder entlohnt? Wird mit Gehalt belohnt? Geht es dabei immer nur um Geld? Sicherlich nicht mehr. Ist Bildung wertvoll? Ist Mobile Office oder digitales Nomadentum auf Zeit ein Privileg? Oder hilft es nicht nur dem Einzelnen, sondern auch der Firma dabei, sich weiter zu entwickeln?

 

Intrinsische Motivation und Gehalt

Für mich kommt an dieser Stelle immer das Thema der intrinsische Motivation auf. Schon lange diskutieren wir, dass Ziele, die vereinbart werden, entweder zu niedrig oder zu hoch sind, sprich eigentlich nie ihren Sinn erfüllen. Und kann ich Mitarbeiter, die ihren Job nicht lieben, wirklich motivieren?

Meinen Kindern jedenfalls habe ich beigebracht, frei nach Konfuzius: Tue was du liebst und du wirst nie arbeiten müssen. Aber wie definiere ich Arbeiten denn heute überhaupt noch? Ist das, was mir so viel Spaß macht und was ich abends dann einfach weiter tue, wirklich Arbeit? Und darf ich mir dafür Geld geben lassen? Oder Zeit – unser knappstes Gut? Und möchte ich Ziele? Ziele, die mit jemandem festgelegt und diskutiert werden, der das beurteilen kann? Da muss man sich wirklich fragen, wie dies in unsere Vorstellung von gutem neuen Arbeiten passen kann.

Man kann aber auch sagen: „One size fits all“ gibt es nicht mehr. Jedes Unternehmen ist anders, entwickelt sich anders, hat andere Gesichter an Bord. Daher denke ich, dass jeder seinen eigenen Weg zum Thema New Pay finden muss. Gerne würde ich dazu aufrufen, diese Gedanken zu reflektieren, denn es wird Zeit, sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Hier geht es wirklich ans Eingemachte!

 

Happy Reflektieren!

 

P.S.    Welche Fotos passen zur Gehaltsdiskussion? Knete, Steine, Kies, Moneten?

P.S.S. Mich würde es freuen, wenn Du mir Deine Meinung, Deine Erfahrungen zu diesem Thema und gerne auch andere Kommentare schreibst unter: s.busshart@sbcdigital.de.

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