Ihr habt innerhalb meiner Artikel schon öfter den Vergleich zwischen Fußball und Führungsverhalten gelesen. Inzwischen habe ich mich noch schlauer machen können und würde sogar Agilität im Fußball mit ins Spiel bringen wollen. Ihr denkt jetzt vielleicht: Ist doch völlig klar, aber damit meine ich mehr als nur Aktivität verstärken. Ich meine auch die Parallelen zu agilen Frameworks, die mit in den Sport hineinspielen. Und das läßt ganz spannende Schlüsse zu. Voilá.

 

New Work-Reise nach Ungarn

Ein lieber Freund von mir ist Fußballtrainer in Ungarn. Er ist super engagiert, mega erfolgreich, beschäftigt sich viel mit neuen Methoden und arbeitet super modern. Außerdem ist er totaler Fan von Budapest als Stadt. Darum habe ich eine New Work-Reise nach Ungarn gemacht, ihn besucht, Interviews mit ihm geführt und ein ganzes Wochenende eine wahre “Druckbetankung” zu Fußball bekommen. Ich habe ein Spiel im Stadion besucht, die Atmosphäre geschnuppert, die ein Knistern zwischen Spielern, Publikum und Trainer erleben lässt. Ich habe mir angeschaut, wie die Strategien geplant werden und war sehr überrascht, mit welchen Methoden, Hilfsmitteln und Analysetools in diesem Bereich gearbeitet wird. Und vor allem, wie viele Parallelen es zu meiner Arbeit als Strategin gibt. Sehr spannend!

 

Fußball und Räume

Vor allem bin ich total begeistert, dass es im Fußball so stark um Räume geht. Michael hat mir ganz viel darüber erzählt: Dass er ja immer versuchen muss, Räume zu öffnen, damit er Spielzüge perfekt durchführen kann. Aber oft geht es auch darum, Räume zu schließen, damit eben niemand durchkommt und ein Tor schießt. Da ich ein Buch oder Räumen schreibe, finde ich das bemerkenswert.

Im Fußball scheint es vorallem um dynamische Räume zu gehen, die sich viel schneller verändern als die Räume in physischer Sicht. Vielleicht kann man sogar sagen, dass diese zwischen den physischen Räumen und den mindset-Räumen liegen. Das mindset kann sich vielleicht noch schneller verändern oder auch extrem langsam adaptiert werden. Wenn ich an die vielen Konzerne und Traditionsunternehmen denke, die so arbeiten, wie vor 100 Jahren. Und die an ihren Hierarchien und ihrem old-school-Führungsverhalten festhalten. So zumindest in meiner Wahrnehmung.

Eine große Motivation und schöne Anregung war für mich war, dass einer der Trainer gesagt hat, dass er die Räume immer verändert, vorallem verkleinert oder auch mal einen Kreis daraus macht oder Räume abschneidet, um verschiedene Situationen zu testen. Damit kann er seine Leute aus der Reserve locken, Situationen simulieren und flexibel im Kopf  machen. Das werde ich mir merken und auch ausprobieren. Mal ehrlich, dass könnten wir doch in vielen Führungsetagen genauso machen.

 

Geometrische Elemente in der Mannschaftsaufstellung

Für die, die meine Vorgehensweise und mein Framework bei der Beratung von Kunden kennen, ist das nichts Neues. Ich arbeite sehr oft mit geometrischen Formen, um Strategie, Kultur, Kommunikation, Arbeitsweisen und Räume zu veranschaulichen. Und dies findet sich auch in den Coachingplänen des Fußballs wieder. Hammer.

Ich habe gelernt, dass es zum Beispiel Mannschaftsaufstellungen als Raute, Dreieck und als Linie gibt. Und dass diese Formationen oft von der gegnerischen Mannschaft gespiegelt werden. Sehr interessant, da ich dies auch in meinen Workshops sehr gerne tue: Spiegeln. Das hilft den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen oder eben den Wettbewerb so zu analysieren, dass ich sehr schnell zu desruptiven Maßnahmen komme. Im Fußball eher wörtlich zu nehmen und kurzfristig umsetzbar, in der Unternehmensstrategie eher langfristig und manchmal sehr abstrakt.

 

Fußball – wie im richtigen Leben

So einfach, wie ein Fußballspiel im Fernsehen aussieht, so schwer ist auch die Vorbereitung, wenn man sich anschaut, was das Trainerteam, die Mannschaft und alle, die daran noch beteiligt sind, anschaut: Echt komplex. Man denkt, man kennt sich aus aber wenn man sich näher mit diesem kleinen Ökosystem Fußball beschäftigt, ist es eine Wissenschaft für sich. Aber durchaus sehr interessant! 

Ähnlich wie in einem Unternehmensberatungsprojekt muss der Trainer mit seinem Team zunächst einmal analysieren, dann umsetzen und immer wieder optimieren. Wie ein Kreis, den ich immer wieder benutze, um Firmen zu beraten: Analyze, push, optimize.

 

Du mußt Entscheidungen treffen: Offensive oder Defensive

In meine Beratung werde ich jedenfalls jetzt öfter mal „Offensive“ und „Defensive“ einbauen. Die Vokabel aktives, reaktives oder proaktives Verhalten kann ich nämlich nicht mehr hören. Wohl aber gefällt mir, dass man im Fußball oder speziell in einem Spiel dafür sorgen muss, in den flow zu kommen. Dies ist auch in der Weiterentwicklung meiner Klienten immer absolut nötig und sorgt dafür, dass man in kleinen Schritten in die nächste Evolutionsstufe kommt. Wieder eine Parallele.

 

Der Hit für mich war aber diese Aussage: “It is not a coaches game, it is a players game”. Wie in meiner Welt, geht es nicht mehr um ein „Coaches Game“, sondern um ein „Players Game. Genauso sehe ich das in der realen Welt oder in meiner Welt der Unternehmen, die mit dem täglichen Wandel zu kämpfen haben.

Wir befinden uns in einem Arbeitnehmermarkt. Es ist nicht mehr möglich so zu agieren, wie man früher Führungsverhalten gelebt hat. Heute ist es viel wichtiger, Coach oder Dienstleister für Mitarbeiter und Kunden zu sein. Als Dirigent zu agieren und Mitarbeiter, Kunden und sich selbst ständig weiter zu entwickeln oder neu zu erfinden. Es geht viel weniger um die fachliche Fähigkeiten, als um Empathie, Strategie und die Besetzung der richtigen strategischen Positionen mit den richtigen intrinsisch motivierten Leuten. Genial.

 

Vielen Dank an den MTK in Budapest für das schöne Spiel und mein VIP-Ticket. An Michael Boris für seine unermüdlichen Erklärungsversuche, Quellenverweise, Lektionen rund um seine absolute Leidenschaft: Fußball…und überhaupt!

Mich würde es wieder freuen, wenn Ihr mir Eure Meinungen, Erfahrungen und Kommentare schreibt – super gerne auch zu Fußball und Räumen unter: s.busshart@sbcdigital.de und wenn Ihr ganz vielen Leuten den Link schickt!

Meine Empfehlung für Dich: Geh und schau Dir mal wieder ein Spiel an! Es lohnt sich, Perspektive zu wechseln!