Räume nach innen und außen mal ganz anders.
Aktuell beschäftige ich mich mit dem neusten Crazy Shit im Bereich der Stressreduktion. Und wie fast immer in letzter Zeit, muss man dafür eher nach Osten, und nicht nach Westen schauen. Voilà: Das sogenannte Waldbaden oder Shinrin Yoku.
Was hat das mit dem Thema New Work zu tun?
Ich glaube eine ganze Menge. Nur, wenn es uns richtig gut geht, kann uns arbeiten wirklich Spaß machen. Und zu neuem Arbeiten gehört es nun mal, neue Wege zu gehen. Ich denke, dass Shinrin Yoku eine perfekte Ergänzung für viele im stressigen Alltag sein kann.
Neuer Eso-Hokuspokus?
Klares Nein; man findet fundierte wissenschaftliche Studien, spannende Methoden, tolle Professoren und jahrzehntelanges Erfahrungsammeln in Japan dazu und auch aus den USA kommen Beiträge.
Die aus Japan stammende Art der Stressbewältigung in der Natur stammt aus den achtziger Jahren. Interessanterweise sind die Effekte der Naturtherapie für Menschen sehr verschieden. Spannend finde ich, dass Menschen mit niedrigem Blutdruck diesen beim Waldbaden erhöhen und Menschen mit hohem Blutdruck diesen beim Waldbaden reduzieren können. Also sehr passend zur heutigen Strömung der Individualisierung unserer Welt und Gesellschaft.
Waldbaden ist entstanden, weil es immer mehr Menschen mit Burnout und Autoimmunkrankheiten gibt. Das Zurückfinden zur Natur wird dabei als Therapie genutzt. Die beruhigenden Effekte von Blumen und Bäumen spielen hier eine wichtige Rolle. Außerdem handelt es sich hierbei um eine Präventionswissenschaft, die Stress reduzieren und Gesundheit fördern möchte.
Alle Sinne werden beim Waldbaden aktiviert:
So riecht man, wie in der Aromatherapie, den leckeren Waldboden, Moos, Harz, Bäume, Blätter, Nadeln und vieles mehr.
Auch um Fühlen geht es. Bäume sollen angefasst und deren Energie genutzt werden. Die Augen beruhigen sich durch die vielen Schattierungen der Naturfarben. Dies wirkt sich positiv auf die psychische Gesundheit aus. Auch hören kommt nicht zu kurz. Das Rauschen der Blätter, die Vögel, die zwitschern und das Rauschen eines Baches werden nicht umsonst in vielen Beruhigungsszenarien simuliert.
Wenn man einen Blick in die Vergangenheit wagt, wird klar, dass der Mensch 99 % seiner Zeit in der Natur verbracht hat. Die Verstädterung fand eigentlich erst in wenigen 100 Jahren statt. So lebten in 1800 nur 3 % der Bevölkerung in Städten, 2050 sollen es schon 66 % sein.
Schaut man sich „Digital Detox“ an, scheint es nichts zu geben, was näher liegt, als Waldbaden zu praktizieren.
Die Technisierung unserer Welt ging noch nie so schnell und die Nutzung von Smartphones bei der gesamten Gesellschaft ist rapide angestiegen. Auch die Verweildauer in Räumen liegt nicht sehr weit unter 100 % quer durch die zivilisierte Gesellschaft. Da kann es durchaus eine gute Idee sein, sich in die Natur zurück zu besinnen.
Als wichtigste positive outcomes von Shinrin Yoku werden meist eine Stärkung des Immunsystems, bessere Entspannung und positive Auswirkung auf das Nervensystem, Reduktion von Stress und damit einhergehenden Bluthochdrucks, so wie generelles Wohlfühlen gesehen. Positive Ergebnisse durch Shinrin Yoku sind bei den meisten Menschen schon nach 15 Minuten im Wald, beziehungsweise nach fünf Tagen Therapie, zu erkennen. Und das tolle ist, diese Entspannung verfliegt nicht sofort, sondern kann tagelang anhalten.
Für mich gibt es sogar einen Link zwischen den Räumen nach innen und außen. Es ist nämlich beim Waldbaden auch wichtig, die Natur nach innen zu bringen, ins zu Hause und in die Arbeitsräume zu holen. Hier werden in der Literatur vor allem die Living Walls genannt, die den Wald in die Gebäude bringen. Aber auch Bonsais, Zimmerpflanzen und bunte Schnittblumen steigern das Wohlbefinden.
Als ein weiteres Beispiel dafür, wo innen mit außen verknüpft wird, ist der SkyGarden in Seoul, den ich mir schon angeschaut habe. Sehr beeindruckend, wie hier Pflanzen in die Stadt geholt werden und das Flanieren in einer pulsierenden Stadt zum entspannenden Erlebnis wird. Shinrin Yoku at its best.
Ganz wichtig ist uns Deutschen ja immer eine Rechtfertigung, beziehungsweise ein wissenschaftliches Hinterfragen und die Messbarkeit von neuen Methoden. Wie kann man also den Effekt von Waldbaden messen. Man kann dies tun, indem man Hirnaktivität, Nervenaktivität, Stressmarker und Immunaktivität misst. Hier haben nicht zuletzt die großen Budgets der japanischen Regierung für Waldbaden einen großen Fortschritt in der Wissenschaft erreichen können.
Gesundheit und Entspannung stehen ganz oben auf der Liste der wichtigen Fähigkeiten, die jeder heute mitbringen muss. Waldbaden steht daher ganz oben auf meiner Liste. Einfach schön mit allen Sinnen zu genießen und nachhaltig fit zu bleiben. Viel Spaß beim Ausprobieren!